... dass 99,4 Prozent der Bevölkerung Deutschlands die Lektüre auch nur eines einzigen Gedichts als lebensbedrohende Zumutung empfinden ...

Wie, ihr lest keine Lyrik? Seid ihr wahnsinnig?

Il fait des vers pour avoir un prétexte de ne rien faire, et ne fait rien sous prétexte qu'il fait des vers

Von der letzten Zeile des Gedichts an aufwärts zu lesen –
so entgeht man der Vergewaltigung durch das Gedicht.
Dennoch: als Rache des Gedichts bleibt das Chaos
aus virtuellem Weltenbau und den Verhältnissen, die eben nicht ganz so.
PS: In der ersten Zeile angekommen kann man nun das Gedicht lesen.

... denn diese Literatur schweigt. Sie hat keine Stimme, nur ein Zeichensystem. Ihre neuartige Komplexität verlangt nach keinem Rezitator, sondern nach einem Höhlenforscher, der hinabsteigt und hinein in die noch unerforschten, weitläufigen, labyrinthischen Textmaschinen und der hinter sich lässt jene terra cognita, in der die Schrift nur die Fixierung des gesprochenen Wortes war. Ulysses einfach aufschlagen und vielleicht sogar laut daraus vorlesen? Welche Torheit! Welcher Unverstand! Welch vergebliche Mühe ...

Das Bild ist höher als sein Gegenstand,
Der Schein mehr Wesen als die Wirklichkeit.
Wer nur die Wahrheit sieht, hat ausgelebt;
Das Leben gleicht der Bühne: dort wie hier
Muss, wenn die Täuschung weicht, der Vorhang fallen.

Das Gedicht ist die Antiware schlechthin.

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