Warkuhn, Ingrid

Geboren 1955 in Frankfurt/Oder, studierte Philosophie (Marxismus-Leninismus) und Biologie. Als sie ein Kind bekam, brach sie ihr Studium ab. Seitdem in wechselnden Anstellungen in verschiedenen Berufen tätig. War Hörerin am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Heute ist sie Mitarbeiterin der Gewerkschaft VER.DI in Berlin.

in leichenschaft, in kalmäuserei

jeder atemzug
im kehlkanal
ein fragezeichen

jedes erzittern
der hörmembran
ein zeilenbruch

jedes kalligrafische
fallen der hand
ein spiegelgefecht

jedes palpierende
schreiten der augen
ein lustmord

jedes palpitierende
heben der brust
ein wolkenbruch

wiederhole!

bricht wolke
steigen wrasen
von sinkender brust

unter zarter gotteshand
die augen fürbass
da windet sich die lust

im flur eines traums
das eitle gepose
sanft rudernder glieder

die textmahd
fällt durch den riss
der rauen möwenhaut

ein luftflöz nur
in der angeätherten lunge
voll vagen staubgewölks

wiederhole!

alles ansaugen
durch die hutze
mästet die mystifikation

aller laut
stürzt am zeilenrand
jäh unter den wortrock

(und so fort
gleich einem canon perpetuus)